Peru: Regenwald-Schutzzone für seltene Arten
10.06.2025
Per Boot, mit dem Motorrad und zu Fuß waren Forstwirtschaftsingenieurin Silvia del Águila Reyna und ihr Expeditionsteam im Amazonasgebiet von Tamshiyacu unterwegs. Ihr Ziel: eine Inventarliste der Artenvielfalt als Grundlage für die Registrierung als Schutzgebiet.
Ihr Forschungslager inmitten des Urwalds war erfolgreich. Für rund 250 Hektar hat das Expeditionsteam die biologische Vielfalt und den Erhaltungszustand der Arten bei Tag und bei Nacht untersucht: die Biologen, Forstfachleute und Einheimischen bestimmten Pflanzen, nahmen Bodenproben und dokumentierten die Tierarten durch Kamerafallen, Kotanalysen und akustische Beobachtungen.
Sie brachten eine Liste an Tieren und Pflanzen mit, die weltweit so selten sind, dass sie im Washingtoner Artenschutzübereinkommens CITES geführt werden. Das Riesengürteltier etwa, der Tapir oder das Weißbartpekari leben in dem Gebiet, das Eigentum unserer Partnerorganisation ACELPA ist. Aber auch weitere Säugetiere wie der Ozelot oder der südamerikanische Fischotter, 24 Amphibien- und 14 Reptilienarten sowie viele ebenfalls CITES-gelistete Pflanzenarten zeigen, wie wertvoll dieser Lebensraum im Hinterland der Ortschaft Tamshiyacu ist. Diese Forschungsexpedition bietet damit die Grundlage für ACELPA, das untersuchte Gebiet bei der zuständigen Nationalbehörde als Naturschutzgebiet zu registrieren. Nur so ist der von Ausbeutung bereits großflächig zerstörte Regenwald langfristig zu schützen.
Unberührte Wasserquellen: Regenwald sichert Lebensperspektiven
Asociación Civil Puente de la Amistad - Verein Brücke der Freundschaft, ACELPA - ist ein 2011 gegründeter gemeinnütziger Verein aus Tamshiyacu im Amazonasgebiet von Peru. Gegründet wurde die Organisation von Francisco Tananta, ursprünglich als Stipendienorganisation für die Ausbildung von Jugendlichen. Heute engagiert sich ACELPA vor allem im Umwelt- und Naturschutz. Auslöser war die illegale Abholzung von 3.000 Hektar Regenwald durch ein multinationales Kakaounternehmen. Immer im Bewusstsein, dass der Schutz des Gebietes nur gelingt, wenn die Menschen vor Ort mit ihm auch eine Lebensperspektive verbinden können, ist das Ziel der Organisation, strategisch Land zu kaufen, um die Ausweitung der illegalen Rodungen des Regenwaldes zu verhindern. Gleichzeitig sollen für Bauern und Bäuerinnen der Region alternative Einnahmequellen durch Ausbildung in Permakultur und biodynamischer Landwirtschaft erschlossen werden. ACELPA schützt die gekauften Waldflächen, schafft Öffentlichkeit und kooperiert auch mit Organisationen in der Hauptstadt Lima, um politischen Druck zu erzeugen. ACELPA ist seit 2015 Partnerorganisation der Zukunftsstiftung Entwicklung.
Francisco Tananta ist im Amazonasurwald von Tamshiyacu geboren und aufgewachsen und tief geprägt von der Spiritualität des Gebietes und dem Wissen um lokale naturheilkundliche Medizin. Er arbeitet unter anderem mit Consuelo Garcia Hualinga, vierfacher Mutter und ebenfalls zutiefst verbunden mit dem Ort und Angelika Kotzur, einer Heilpraktikerin aus Deutschland, zusammen. In Tamshiyacu in der Region Loreto begann im Jahr 2013 die illegale Abholzung von rund 3.000 Hektar Wald für einen internationalen Kakaokonzern über Nacht. Die drei Widerständigen suchten und fanden lokale und internationale Bündnispartner*innen und begannen ihre erfolgreiche Aufklärungsarbeit zum Schutz des Urwaldes.

Teresita Ruiz Ahuanari und Pedro Paucarcaja Quispe, Ingenieur*innen für Forstwirtschaft und Agrarwesen, kommentieren das Ergebnis der Expedition: „Der Wald, in dem die Bestandsaufnahme durchgeführt wurde, ist ein wenig gestörter Primärwald.“ Im untersuchten Gebiet liegen zudem unberührte Wasserquellen, die die Versorgung der Gemeinde Tamshiyacu sichern. Auch für die Menschen ist der Schutz dieses Regenwaldes also überlebenswichtig.

Nachweis biologischer Vielfalt ermöglicht Naturschutzgebiet
Diese erste Forschungsstudie bezog sich – auch aufgrund von Kosten – zunächst auf 250 Hektar Land. Das inventarisierte Gebiet ist Teil der mehr als 1.400 Hektar, die ACELPA dank Spenden aufkaufen konnte. Diese Landparzellen grenzen an das Gelände eines multinationalen Unternehmens, das über 2.000 Hektar Regenwald gerodet hat. Durch den Landkauf will ACELPA den Regenwald vor weiteren Abholzungen schützen.
Für einen langfristigen Schutz sollen die gesamten 1.400 Hektar als Naturschutzzone registriert werden. Dazu müssen in den kommenden Jahren die weiteren Hektar in Besitz von ACELPA inventarisiert werden. Neben dem Naturschutz will die Organisation auch nachhaltigen Tourismus und Forschungsreisen als Einkommensquellen für die Gemeinde Tamshiyacu erschließen.
Ein weiteres Ziel von ACELPA ist es, den überwiegend in Armut lebenden Menschen in der Region langfristige, den Regenwald schonende Lebensperspektiven zu bieten. Auf einer Modellfarm schult ACELPA Bauern und Bäuerinnen darin, ohne Wanderfeldbau und Brandrodung nachhaltig anzubauen und die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten: durch Kompostierung, mit Jauchen und biodynamischen Präparaten, durch Anbau heimischer Heilpflanzen, Obst- und Gemüsesorten und mit artgerechter Hühner-, Fisch- und Bienenzucht.
Für die Registrierung der Naturschutz-Gemeingutzone sind in 2025 5.970 Euro notwendig; für die Streifengänge, um die Gemeingutzone gegen Eindringlinge zu schützen, sind 7.600 Euro erforderlich; die Schulungen im ökologischen Landbau benötigen 18.500 Euro