Emanzipatorische Bildung

Begegnung - Leben - Gestalten

Heilpädagogik zwischen Ost und West in Lahore, Pakistan

2001 zogen der deutsche Jurist Hellmut und seine pakistanische Frau und Waldorfpädagogin Shahida Perveen Hannesen gemeinsam mit ihren beiden Kindern in die aufwühlende zehn Millionen Metropole Lahore, Pakistan. Ihr Ziel war, eine Lebensgemeinschaft für Menschen mit und ohne Behinderung aufzubauen, einen Ort der Begegnung und des Dialogs zwischen Islam und Christentum.

Lahore ist geprägt durch Gewimmel und Staub, voller überfüllter Straßen, voll mit knatternden, bunt bemalten Bussen, Eselskarren, Autos, Fahrrädern, Motor-Rikschas, Mopeds und Menschen.

Am Rande dieses Trubels liegt heute die Lebensgemeinschaft Roshni. Fast mutet es an, auf eine Oase zu stoßen: Inmitten leuchtend grüner Bäume, Blumen, liegen einladend rote Backsteingebäude. Roshni bedeutet auf Urdu Licht - es ist fast physisch spürbar.

Gemeinsam leben und arbeiten

27 Menschen mit Behinderung leben in Roshni, zusammen mit drei Hauseltern, freiwilligen Helfer*innen, Therapeut*innen und zwei Köchinnen. In die sozialtherapeutischen Werkstätten kommen täglich weitere zehn Menschen. Neben der Holzwerkstatt gibt es eine Biobäckerei, deren Brot in Lahore verkauft wird. Alexander Kühne, verheiratet mit einer Pakistanerin und von Haus aus organischer Landbauer, leitet den Gemüseanbau und versorgt die Tiere, die in Roshni heimisch sind. Auch die Betreuten arbeiten im Garten und auf den Feldern mit.

Mehr zu Roshni

In Pakistan werden Menschen mit Behinderungen oft stigmatisiert, ihre Rechte werden nicht anerkannt. Die Menschen der Lebensgemeinschaft Roshni setzen sich für ein würdiges und entfaltungsreiches Leben von Menschen mit Behinderungen ein; Anfang 2021 sind es 45. Sie erhalten kostenlose Therapien und haben die Möglichkeit, in einer von fünf Werkstätten zu arbeiten. Sie backen Brot, arbeiten in der Textilien- oder Holzverarbeitung, malen, oder bringen sich in der biodynamischen Landwirtschaft ein. Sie erfahren Anerkennung und die Entfaltung ihres eigenen Potentials.
Die Green Earth Roshni - Waldorfschule bietet Kindern mit und ohne Behinderung aus armen Familien eine ganzheitliche Ausbildung, die gleichermaßen auf kognitive, physische und emotionale Entwicklung zielt und dabei eine Brücke zwischen Waldorfpädagogik und der pakistanisch-islamischen Kultur baut. Heute besuchen rund 330 Kinder und Jugendliche den Kindergarten und die Schule.
Da Raum und Kapazitäten in Roshni begrenzt sind, initiierte Roshni 2016 ein ambulantes, gemeindenahes Rehabilitationsprogramm. 90 Kinder und Erwachsene mit besonderen Bedürfnissen erhalten in der vertrauten Umgebung des Elternhauses psychologische Behandlung, Physiotherapie, Sprachtherapie und Beratung. Ausgebildete Gesundheitshelfer*innen führen die Therapien in Anwesenheit der Eltern oder anderer Familienmitglieder.   

Ende der siebziger Jahre kam Shahida Perveen aus Lahore nach Deutschland und absolvierte in Witten-Annen die Ausbildung zur Waldorflehrerin. Sie hatte das Ziel, in ihrer Heimat eine Waldorfschule zu gründen. 1994 heiratete sie Hellmut Hannesen, damals Geschäftsführer des Verbandes für anthroposophische Heilpädagogik in Deutschland. Bei gemeinsamen Besuchen in Pakistan beschloss das Ehepaar, sich für Menschen mit Behinderungen und für benachteiligte Kinder in Lahore einzusetzen.  2001 zog die Familie Parveen Hannesen nach Lahore und gründete Roshni Association ("das Licht"), einen Ort der Begegnung und Unterstützung für Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen. 2005 gründete Shahida Perveen Hannesen zusammen mit dem Unternehmer Herrn Sava Bhatti die erste Waldorfschule für Kinder aus armen Familien in Pakistan. 2010 kehrte die Familie Parveen Hannesen aus gesundheitlichen Gründen nach Deutschland zurück. Muhammad Durrani, Pionier im Bioanbau in Pakistan, führt seitdem als ehrenamtlicher Vorstand sowohl die Einrichtung der Lebensgemeinschaft Roshni als auch die Green Earth Roshni School.

 

 

Green Earth Roshni School

In der Umgebung von Roshni besuchten viele Dorfkinder weder einen Kindergarten noch eine Schule. So wurde die Green Earth Roshni School gegründet. Die Lehrer*nnen greifen unter anderem auf Anregungen aus der Waldorfpädagogik zurück. Ziel ist die Erziehung zu Selbstständigkeit und zu umfassend gebildeten Persönlichkeiten. Heute lernen mehr als 225 Schüler*innen in der Schule, davon 130 Mädchen und 95 Jungs. Mittlerweile gibt es auch einen Kindergarten mit 25 Kindern.

Roshni wird auch in Lahore immer bekannter, mitunter auch durch unkonventionelle Ereignisse. So gewann Nida Bilal, die täglich in die Werkstätten kommt, den landesweiten Wettbewerb "Art Beat Competition" mit ihren strahlenden und anrührenden Bildern. Sie reiste eigens mit ihrer Mutter nach Islamabad, um den Preis in Empfang zu nehmen.
2011 kam das Gründerehepaar Hannesen zurück nach Deutschland und setzt sich nun von hier aus für Roshni ein, denn die Betreuten kommen weit überwiegend aus sehr armen Familien. Deshalb ist Roshni auf Spenden angewiesen.

Für die Betreuung in der Lebensgemeinschaft sind pro Person und Monat 60 Euro erforderlich.

Spendenzweck

Pakistan: Lebensgemeinschaft F197