Abschied von einem großen Mann

13.02.2023

Am 10. Februar 2023 starb der Menschen- und Umweltrechtsanwalt Wilfredo Saavedra Marreros in Cajamarca, Peru.

„In Gesellschaften wie den unseren in Lateinamerika sind die Rechtsnormen, die die Rechte der Bürger schützen, einfache Worthülsen, die nicht erfüllt werden. Meine Ausübung der Bürgerrechte und die Verteidigung der Rechte von Mutter Erde, Pachamama, sind von der Überzeugung motiviert, dass irgendwann das, was in Gesetzen zu Menschenrechten geschrieben steht, Realität wird. Dabei bin ich der Überzeugung, dass dieser Kampf kontinuierlich, unter Entbehrungen und im Kollektiv erfolgen muss, denn individuelle Anstrengungen reichen nicht aus, um den Menschenrechten Gültigkeit zu verschaffen. Das hat mich meine Lebenserfahrung gelehrt.“

Wilfredo Saavedra Marreros wurde am 13. November 1955 in Casa Grande, in der Provinz Cajamarca, in den nördlichen Anden Perus, geboren. Als Sohn eines Arbeiters und einer Hausfrau, wuchs er in einer Familie auf, die ihn Respekt für seine Mitmenschen und für die Natur lehrte.

Von 1976 bis 1983 studierte er Rechts- und Politikwissenschaften an der Nationalen Universität von Trujillo und schloss sein Studium als Jurist ab. Früh erkannte er seine Berufung, aus der sich sein lebenslanger Einsatz entwickelte: für Menschenrechte, die Achtung der Souveränität der Völker, ihr Recht auf freie Selbstbestimmung und für Umweltrechte, die Erhaltung von Ökosystemen und Quellgebieten, für die Erhaltung des Weltklimas und für das Menschenrecht auf Zugang zu Wasser.

Wilfredo Saavedra Marreros

Zwischen 1983 und 1989 arbeitete er in der Stadt San Marcos in der Region Cajamarca, wo er seine erste Anwaltskanzlei aufbaute. Wilfredo Saavedra wurde Mitglied im Komitee zur Verteidigung der Menschenrechte und trug mit seinem persönlichen und beruflichen Einsatz zur Gründung des Provinzverbandes der Rondas Campesinas – Selbstverwaltungsorganisationen bergbäuerlicher Gemeinschaften - in der Provinz San Marcos bei.

1989 wurde Wilfredo Saavedra im Zuge der „Anti-Terror-Bekämpfung“ des Präsidenten Fujimori unter falschen Anschuldigungen zu zehn Jahren Gefängnis im Hochsicherheitstrakt verurteilt. Aus seiner strikten Haltung zur Verteidigung der Menschenrechte hatte er die anwaltliche Vertretung von Personen übernommen, die unter Terrorverdacht standen. Während seiner Haft wurde er wiederholt gefoltert. 1999 wurde Wilfredo Saavedra freigelassen und offiziell rehabilitiert.

Erneut nahm er seine anwaltliche Tätigkeit auf und beriet den Aufbau der bäuerlichen Selbstverwaltung in der nördlichen Hochandenregion. Gleichzeitig wurde er zum Professor für Rechts- und Politikwissenschaften der Nationalen Universität von Cajamarca berufen, wo er von 2000 bis 2004 lehrte.

Ab 2000 übernahm Wilfredo Saavedra die rechtliche Vertretung von Gemeinden, Bauern und Bäuerinnen, die von den zunehmenden legalen und illegalen Bergbauaktivitäten, von Landnahmen und Wasserverschmutzung betroffen waren. Zumeist leistete er diese Arbeit ehrenamtlich, da seine Klienten aufgrund ihrer prekären Situation selten in der Lage waren, für seine juristische Begleitung zu bezahlen.

Ende 2009 wurde Wilfredo Saavedra zum Präsidenten der Vereinigung zur Verteidigung der Umwelt von Cajamarca gewählt. 2015 startete die Zusammenarbeit mit der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung. In diesem Kontext tourte Wilfredo Saavedra durch abgelegene Gemeinden und unterrichtete Bergbäuer*innen in ihren demokratischen Bürgerrechten und vertrat sie juristisch zum Schutz ihrer Land- und Wasserrechte.

Bis 2022 erhielten so über 2.500 Kleinbäuer*innen und Vertreter*innen von Umweltorganisationen kostenlose juristische Beratung und Schulungen.

Im Rahmen der Kooperation wurde deutlich, dass die Expertise von Wilfredo Saavedra einzigartig war und er gleichzeitig hoch gefährdet. Vor diesem Hintergrund bemühte sich Wilfredo Saavedra ab 2018, weitere Rechtsanwälte zu überzeugen, eine Kanzlei für Menschen- und Umweltrechte zu gründen. 2019 startete die Arbeit von Saavedra & Asociados, doch erst im Frühjahr 2021 gelang es, die Kanzlei mit vier Anwälten formal zu registrieren.

Am 10. Februar 2023 starb Wilfredo Saavedra Marreros im Alter von 68 Jahren an einem Herzinfarkt.

Als GLS Zukunftsstiftung Entwicklung sind wir tief betrübt über den Verlust dieses großartigen Menschen. Sein Mut, sein tiefer Respekt für die Rechte aller Menschen und der Natur und seine kontinuierlichen Bemühungen, denen eine Stimme zu geben, die rechtlos, ausgegrenzt oder marginalisiert sind, haben ihn uns zum Vorbild gemacht. Die Kolleg*innen von uns, die ihn bei der Arbeit kennenlernten, inspirierte er. Sein Wirken erfüllt uns mit großer Achtung und Demut.

Wilfredo Saavedra Marreros hinterlässt eine riesige Lücke, von der wir nicht wissen, ob und wie sie gefüllt werden kann. Gerne würden wir seine Kollegen weiter dabei unterstützen, den Weg des Schutzes von Menschen und Umwelt zu beschreiten.

Unser Mitgefühl und unsere Gedanken sind mit den Hinterbliebenen, seiner Frau Irma Saavedra und seinen Kindern, Tania und Luis.

Weitere aktuelle Meldungen

Erfolgreiche Projektarbeit in 2023

Save the date: Öffentliche Rechenschaftssitzung am 15. Mai 2024

Neue Farben - die GLS Gruppe im neuen Kleid

24 gute Taten im Dezember

Keine Deregulierung neuer Gentechnik-Verfahren!

Nepal: „Etappensieg“ für Kalasha Kumari Bhandari

Nepal: Durch Judo gewachsen

Indien: Auszeichnung für WARM

#GLSchenkt: Spendenwanderung 2023