„Etappensieg“ für Kalasha Kumari Bhandari
Sie kommt aus Kedharsyngh, einer ländlichen Gemeinde im Distrikt Bajhang. Dies ist einer der entlegensten Distrikte im äußersten Westen von Nepal, mehrere Tagesreisen von Kathmandu entfernt. Kalasha Kumari Bhandari zeigt stolz ihren Dienstausweis. Zu Recht! Denn keine einzige Frau aus ihrer ganzen Gemeinde hat jemals das erreicht, was sie gerade geschafft hat. Sie ist mit 26 Jahren die erste Frau aus Kedharsyngh, die eine Stelle im öffentlichen Dienst in Nepal angetreten hat.
Das nepalesische System ist kompliziert. Um eine Stelle im öffentlichen Dienst zu bekommen, werden mehrere schriftliche und mündliche Prüfungen verlangt. Ein sehr großer Teil der Frauen, die es versuchen, schaffen die Prüfungen nicht. Auch Kalasha war in ihrem ersten Versuch nicht erfolgreich, doch dann bekam sie die Chance, an dem dreimonatigen Vorbereitungskurs für den öffentlichen Dienst der Women’s Foundation Nepal in Kathmandu teilzunehmen. Gemeinsam mit anderen Frauen erarbeiteten sie sich in diesem Trainingskurs das notwendige Wissen über das Staats-, Verwaltungs- und Rechtssystem und Nepals Geschichte. Aber auch praktisches Wissen wie Sprach- und Computerkenntnisse sind für eine erfolgreiche Prüfung entscheidend.
Vor zwei Monaten hat Kalasha alle Prüfungen bestanden. Nun hat sie ihre Stelle als Assistentin im staatlichen Rechnungsprüfungsamt angetreten. Wie weit der Weg bis hierhin war, wird deutlich, wenn sie ihre Geschichte erzählt: Die Familie lebte ausschließlich von einem kleinen Stück Land und Gelegenheitsarbeiten. Ihr Vater starb als sie noch ein Kind war. Trotz allem setzte ihre Mutter, die selbst weder lesen noch schreiben kann, alles daran, ihre beiden Töchter und ihren Sohn zur Schule zu schicken. „Wir haben Reis und Gemüse von unserem Feld gegen Stifte und Schulhefte eingetauscht. Bargeld hatten wir nicht“, erzählt Kalasha. Kalasha war eine gute Schülerin und hatte immer ein Ziel. Ein Ziel, das sie nun erreichen konnte. Mit ihrem jetzigen Gehalt unterstützt sie ihre gesamte Familie und ist für die anderen Frauen der Gemeinde zu einem Vorbild geworden.
Doch für sie sind dies nur die ersten Etappen. Sie ist fest davon überzeugt, dass sie auch die Prüfungen für eine höhere Position schaffen kann, wenn sie bis zum nächsten Prüfungszyklus ihre Englischkenntnisse verbessert. Ihre Entschlossenheit und Zielstrebigkeit lassen hieran keinen Zweifel.
Wie Sie die Arbeit der Women's Foundation Nepal unterstützen können, erfahren Sie hier:
Das Leben ist nicht nur Schicksal
Die Women's Foundation Nepal (WFN) wurde 1988 aus einer studentischen Initiative heraus gegründet und setzt sich seither für die Rechte und Lebensbedingungen von Frauen ein. So bietet sie auf individueller Ebene Frauen und Kindern Schutz in einem Frauenhaus begleitet von einer kostenfreien Rechtsberatung. Der Zugang zu Bildung, Einkommen schaffende Maßnahmen, wie auch Berufsausbildungen, befähigen die Frauen zu einer besseren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Teilhabe. Ökonomisches Herzstück der Women's Foundation ist ihre Färberei und Weberei in Boudha, im Kathmandutal. Mit dem Verkauf der produzierten Waren erwirtschaften die rund 60 dort tätigen Frauen ihre faire Bezahlung. Zudem finanzieren die Erlöse anteilig die Betriebskosten für das Frauen- und Kinderhaus. Weitere Programme der Organisation sind Mikrokredite für Frauen, um ihnen einen Start in die Selbstständigkeit zu ermöglichen und die Durchführung von Gesundheitscamps mit kostenloser Beratung und Bereitstellung von Medikamenten in abgelegenen Dörfern und armen Vierteln Kathmandus. Auf nationaler Ebene setzt sich die Women's Foundation für die Gleichberechtigung von Frauen ein. Die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung unterstützt die WFN durch Patenschaften für das Frauen- und Kinderhaus. Auch die Rechtsberatung für Frauen, die Weberei, die Gesundheitscamps und verschiedene Ausbildungsinitiativen werden von der GLS Zukunftsstiftung befördert.
Initiatorinnen und Trägerinnen der Women's Foundation Nepal sind Renu Sharma und Kamala Upreti, die bereits als Soziologiestudentinnen 1988 die Stiftung gründeten. Gemeinsam unterstützen sie Frauen zum Ersten darin, sich ihrer Rechte bewusst zu werden, sie wahr zu nehmen und auf nationaler Ebene einzufordern. Zum Zweiten unterstützten sie Frauen, wirtschaftlich selbständig zu werden.