Ein kleiner, grob verputzter Raum in der ersten Etage eines Rohbaus in Bhaktapur. Über zwanzig Frauen sitzen auf Stühlen aufgereiht entlang der Wände. Direkt vor ihnen sitzt ein zweiter Ring von Frauen auf Plastikplanen und Kissen. Rita Shrestha, Ende 30, schlank und strahlend, ist aufgestanden. Sie singt. Sie singt davon, wie sie lebte – in ihrem kleinen Dorf, mit ihrem Land, ihren Tieren und mit der Gewalt, die ihr Mann ihr antat. Wie sie nicht mehr leben wollte. Wie sie nicht mehr weiter wusste; sich entschied, aus dem Dorf zu fliehen. Wie sie strandete in der brutalen Großstadt Kathmandu. Und dort auf die Women‘s Foundation traf. Der Refrain des Liedes lautet: Und es gibt doch Hoffnung. Manchen der Frauen treten Tränen in die Augen. Es ist ein beklemmender Moment. Und es gibt doch Hoffnung.
Rita Shrestha singt, denn sie hat es geschafft. Allein und verzweifelt in Kathmandu, ohne Geld, ohne Hilfe traf sie auf eine Frau, die ihr den Tipp gab, bei der Women‘s Foundation anzufragen, der großen Frauenrechtsorganisation in Nepal mit über 11.000 landesweit organisierten Frauen. Sie erhielt Obdach im organisationseigenen Frauenhaus. Sie lernte lesen, schreiben und rechnen. Ihr erster selbst geschriebener Text war das Lied ihres Erlebens und ihrer Befreiung, das sie nun singt.