Indien: Gemeinschaft und Landbesitz stärkt Landbevölkerung
15.07.2025
Indiens Bevölkerung lebt zum großen Teil von der Landwirtschaft. Das eigene Stück Land ist die zentrale Lebensgrundlage. Die Massenbewegung Ekta Parishad hilft denjenigen, Zugang zu Land zu erhalten, die dafür besonders hohe Hürden überwinden müssen: die ländliche Bevölkerung aus den sogenannten unteren Schichten.
So sind die Mitglieder der Graswurzelbewegung insbesondere indigene Völker, Landlose und Dalits – sogenannte „Unberührbare“ der untersten Stufe des verfassungsmäßig zwar verbotenen, aber besonders im ländlichen Indien weiter gelebten Kastensystems.
Kooperativen für nachhaltige Einkommen und Schutz vor Ausbeutung
Das übergeordnete Ziel, ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltige Einkommensperspektiven im ländlichen Raum zu schaffen, verfolgt die Bewegung auch über den Aufbau von Kooperativen. In Indien haben diese ein starke Tradition: Mehr als 854.000 Kooperativen mit 290 Millionen Mitgliedern stehen im gesamten Land für 98 Prozent der ländlichen Wirtschaft.
Bei Ekta Parishad tragen die Mitglieder nach dem Prinzip der Selbstorganisation ihr Kapital in den Kooperativen zusammen und entscheiden gemeinsam, wie sie es verteilen und einsetzen. Neben Geld bringen die Mitglieder der Kooperativen ihr Wissen und Können in verschiedenen Handwerken ein, Fähigkeiten, die oft seit Generation in den Regionen verwurzelt sind.
Ekta Parishad identifiziert gemeinsam mit den Kooperativen das Marktpotenzial ihres Handwerks oder die Potenziale ihrer landwirtschaftlichen Produkte und deren Weiterverarbeitung. Die Organisation begleitet die Entwicklung von Konzepten und deren Umsetzung bis zur Marktreife. So schützen die Kooperativmitglieder sich selbst vor der Ausbeutung durch wohlhabende Einzelpersonen oder Unternehmen und wahren ihre Identität und Kultur.
Ekta Parishad bedeutet "Solidarischer Bund" und ist eine der größten Volksbewegungen für Landrechte in Indien, die sich seit ihrer Gründung 1989 auf die Prinzipien der Gewaltlosigkeit von Gandhi bezieht. Sie setzt auf Dialog und konstruktive Wege zum Aufbau einer friedlichen und gerechten Gesellschaft.
Aktuell hat Ekta Parishad 250.000 aktive Mitglieder und arbeitet in 12.000 Dörfern und 14 Bundesstaaten Indiens.
Die wichtigsten Erfolge der Organisation sind die Sicherung von Landrechten für fast 500.000 Familien, der Schutz von Wäldern und Gewässern und die Ausarbeitung mehrerer Gesetze im Zusammenhang mit Landreformen in Indien. Für das Ziel nachhaltiger sozialer, ökonomischer und ökologischer Einkommensperspektiven der ländlichen Bevölkerung sieht Ekta Parishad den Aufbau von Kooperativen als entscheidend an.
Die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung kooperiert mit Ekta Parishad seit 2017.
Der Gründer von Ekta Parishad, Rajagopal Puthan Veetil, auch als Raja Ji bekannt, ist ein überzeugte Gandhianer, der sein Leben seit mehr als 50 Jahren dem gewaltfreien Aktivismus widmet. Er leitete mehrere Fußmärsche in verschiedenen Bundesstaaten Indiens, die zur Landverteilung an Tausende von Land- und Obdachlosen führten. Raja Ji war Mentor tausender Aktivist*innen in Indien und inspiriert bis heute unzählige Menschen weltweit.

Frauen im Fokus: Sie leisten 80 Prozent landwirtschaftlicher Arbeit
Nach einer ersten Bewertung wählen Mitarbeiter von Ekta Parishad Gemeinden für die Gründung von Kooperativen aus. Dabei fördert Ekta Parishad besonders Frauen-Kooperativen – auch, weil nach Angabe der Organisation mehr als 80 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeit von ihnen geleistet wird.
Durch Schulungen baut Ekta Parishad die Fähigkeiten in den Kooperativen auf, lokale Ressourcen und Technologien für eine nachhaltige Produktion zu nutzen. Auch bei der Entwicklung von Prozessen zur gerechten Gewinnverteilung erhalten die Kooperativmitglieder Unterstützung.
Aktuell sind so zehn Kooperativen in Madhya Pradesh, Uttar Pradesh, Chhattisgarh, Odisha, Assam und Manipur aktiv: beispielsweise in der Produktion von Kleidung, Gemüse, Gewürzen und Speiseöl, im Anbau organischer Hülsenfrüchte und Hirse oder in der Herstellung von Baumwollstoffen und Geweben.
Wiederbelebung indigenen Wissens bietet Antworten auf Armut und Klimawandel
317 Frauen sind Mitglied dieser zehn Kooperativen. Sie erwirtschaften inzwischen Einkommen für ihre Familien, tragen zum Erhalt traditionellen Handwerks und zur nachhaltigen Nutzung der gemeinschaftlichen Ressourcen bei.
So wie die Frauen von Dhaunrabhata, die in den Hügeln von Odisha eine Saatgutbank für indigene, trockenheitsresiliente Pflanzen aufgebaut haben. Oder die indigene Frauengemeinschaft von Tinsukia, Assam: Nach der Pandemie und der Zerstörung ihrer heimischen Produktionsstätten durch die Fluten des Brahmaputra haben sie ihre Weberei mit Hilfe von Ekta Parishad in einem flutresistenten Gebäude neu aufgebaut. Die Vermarktung ihrer traditionellen Webkunst trägt wesentlich zu ihrem Familieneinkommen bei.

Unterstützung für Aus- und Aufbau von Kooperativen benötigt
Auch die weiteren Frauen-Kooperativen arbeiten erfolgreich und möchten den Umfang ihrer Produktion und Vermarktung ausweiten. Durch die Entscheidung der Frauen, weitere Mitglieder aufzunehmen, wachsen die Kooperativen zudem selbst. Ebenso ist der Aufbau weiterer Kooperativen das Ziel von Ekta Parishad.
Ein Ziel, das den Zugang zu nachhaltigen Einkommensperspektiven im ländlichen Indien auch dank der Unterstützung unserer Spenderinnen und Spender erweitern wird.
Mehr zu Ekta Parishad und den Frauenkooperativen im Blog der GLS Bank.
