Gemeindeküchen in Peru: Traum vom Bäckereihandwerk wird wahr
Betzabé Pérez Chavez´ Weg in die Selbstständigkeit: Eine Geschichte von Hoffnung und Veränderung, angestoßen von einer Fraueninitiative und ihrem Einsatz für eine Gemeindeküche.
Betzabé Pérez Chávez, 27 Jahre alt, lebt in Arena Baja, im Distrikt San Vicente, Cañete, im zentralen Westen Perus. Als älteste von drei Geschwistern übernahm sie früh Verantwortung für ihre Familie und arbeitete neben der Schule, um zum Familieneinkommen beizutragen. Trotz finanzieller Schwierigkeiten schaffte sie es, die Schule erfolgreich abzuschließen. Ihr Traum, das Bäckerhandwerk zu erlernen, blieb allerdings unerreichbar, da ihre Familie sich die Ausbildung nicht leisten konnte.
Heute ist Betzabé Mutter von zwei kleinen Kindern im Alter von fünf und zwei Jahren. Ihr Alltag ist von Unsicherheiten geprägt. Als Gelegenheitsarbeiterin auf dem Feld findet sie an manchen Tagen Arbeit, an anderen kehrt sie mit leeren Händen nach Hause zurück. Ihr Lohn reicht oft kaum für das Nötigste. Während sie arbeitet, kümmern sich ihre Eltern um ihre Kinder.
Frauen bauen mit Alma Capac Gemeindeküchen
Betzabé Pérez Chavez engagiert sich in der Gemeindeküche Virgen de Guadalupe. Rund fünf Frauen kochen hier täglich eine warme Mahlzeit. 0,75 Euro kostet ein Mittagessen. Die Frauen sammeln das Geld ein und kaufen davon Lebensmittel. Die Provinzverwaltung von Cañete versorgt die Gemeindeküche mit Reis, Öl, grünen Erbsen und Fischkonserven für etwa 15 Tage im Monat. Zudem verkaufen die Frauen für zusätzliche Einnahmen an den Wochenenden lokale Spezialitäten. Für die meisten Mitglieder der Küche ist ihr Essen die einzige vollwertige Mahlzeit am Tag.
Die Räumlichkeiten der Gemeindeküche Virgen de Guadalupe sind in einem mangelhaften Zustand. Es ist mehr eine Hütte, denn ein Haus. Die Frauen setzen sich seit Jahren bei der Provinzverwaltung für einen Strom- und einen Abwasseranschluss ein.
Vor zwei Jahren hörten die Frauen von der Arbeit unserer Partnerorganisation Alma Capac. Alma Capac baut gemeinsam mit engagierten Frauen solide Küchen und schult in verschiedenen Gewerken. Alma Capacs Küchenbauten erfreuen sich großer Beliebtheit, und so ist die Liste derjenigen, die eine solche Küche aufbauen wollen, lang.
Die gemeinnützige Organisation Alma Capac arbeitet in den Slums von Lima in Peru. Ihr Vorgehen: Menschen kommen zusammen und errichten oder erneuern, angeleitet von Alma Capac, grundlegende Infrastruktur. Die Organisation hat sich auf den Aufbau von Gemeindeküchen spezialisiert. Teilnehmende gründen eine Genossenschaft und arbeiten beim Bau mit. Sie lernen das Planieren, Mauern, Verlegen von Strom- oder Wasserleitungen. Ziel ist ein flächendeckendes Netzwerk aus Gemeindeküchen. Denn gute Ernährung, aktionsorientierte Ausbildung und gemeinschaftliches Wirtschaften sind tragfähige Zukunftsimpulse.
Alma Capac wurde 1999 von Ricardo Herrera in Carabayllo gegründet; sie wird bis heute von ihm geleitet. Ziel ist, mittellosen Menschen dabei zu helfen, ihre Grundversorgung in die eigenen Hände nehmen zu können. Ricardo Herrera entstammt einer neunköpfigen, mittellosen Familie und schaffte es mit unglaublichem Einsatz, sich fortzubilden und nach und nach ein Studium als Architekt erfolgreich zu absolvieren. Bis jetzt hat er rund 20 genossenschaftlich organisierte Gemeindeküchen in ebenso vielen Slumvierteln fertigstellen können, alle aus Spenden finanziert.

Auf Küchenausstattung folgt Bäckereiausbildung
Die Mitglieder von Virgen de Guadalupe wandten sich an Alma Capac. Ihr hoher Organisationsgrad, ihre Bereitschaft, die eigene Arbeitskraft beim Küchenbau einzubringen, und ihre große Lernbereitschaft zeichnete die Gruppe aus, sodass sie gemeinsam in die Planung einer Gemeindeküche einsteigen konnten. Aufgrund der Vorerfahrungen der Frauen und der Situation vor Ort wurde schnell deutlich, dass neben der Gemeindeküche der Aufbau einer kleinen Bäckerei zum Unterhalt der Küche und Einkommen der Frauen beitragen kann. Deshalb sollen nach Fertigstellung des Gemeindeküchenbaus und der Küchen- und Backausstattung 15 Frauen im Bäckerei- und Konditoreiwesen ausgebildet werden.
Als erfolgreiche Bewerberin für diese Ausbildung erfüllt sich für Betzabé Pérez Chavez endlich ihr Traum, Bäckerin zu werden. Sie erhält mit dieser Ausbildung die Chance, ein eigenes Einkommen zu erzielen und ihre Familie zu versorgen.
Küchen für Ernährungssicherheit und Begegnung
Gemeindeküchen sind mehr als nur ein Ort der Ernährungssicherheit und möglicher Einkommen. Sie sind auch Lern- und Begegnungsräume, in denen Menschen aller Altersgruppen und kultureller Hintergründe zusammenkommen: Einheimische, Migrant*innen und Frauen aus verschiedenen ethnischen Gruppen arbeiten hier Hand in Hand. Ältere Frauen geben ihre traditionellen Rezepte und handwerklichen Fähigkeiten an jüngere weiter, während junge Mütter neue Perspektiven auf Erwerbsmöglichkeiten und Selbstständigkeit gewinnen.
In einem vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit geförderten Vorhaben baut Alma Capac insgesamt drei Gemeindeküchen auf. Bei den zwei weiteren Gemeindeküchen sind eine Molkerei und ein kleiner Gemüsegarten angeschlossen.
Der Bau der Gemeindeküchen wird von Ausbildungen im Bäckereihandwerk, im Molkereihandwerk und im ökologischen Anbau begleitet. Dazu kommen Schulungen zu Ernährung, Hygiene, gemeinschaftlicher Organisation und Buchführung. Direkt profitieren täglich 240 Familien von den drei Gemeindeküchen und 140 Personen von den Schulungen und Ausbildungen.
2025 sind für den Aufbau der Gemeindeküchen insgesamt 125.000 Euro notwendig. Die Ausbildungskurse kosten 7.400 Euro. 18.000 Euro sind für ihre Ausstattung nötig und 28.000 Euro für die Erstausstattung mit Produktionsmaterialien. Bei 380 Begünstigten sind dies rund 470 Euro pro Person. Das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung fördert das Vorhaben, so dass Ihre Spende vierfach wirkt.
