Backen, Melken, Kochen, Essen, Einkommen
26.11.2024
An der Küste Perus, 58 Kilometer südlich der Hauptstadt Lima, liegt die Region Cañete. Sie grenzt an das Hochland Perus. Drei Flüsse fließen aus den Bergen durch die Region. An ihren Ufersäumen wird Landbau betrieben. Jenseits davon breitet sich Wüste aus.
In den letzten Jahren ist die Bevölkerung Cañetes sehr gewachsen. Die meisten Menschen kommen, um Arbeit zu finden, enden aber in den großen Slumgebieten. Über dreißig Prozent der Bevölkerung Perus ist von Armut betroffen – Tendenz steigend. Die Familien errichten provisorische Behausungen auf unbebautem Wüstenland, das dem Staat gehört oder privaten Eigentümern, die es nicht nutzen. In den Siedlungen fehlt es an grundlegender Infrastruktur, an staatlichen Dienstleistungen und an sozialen Einrichtungen. Der Zugang zu sauberem Wasser ist prekär und mit hohen Kosten verbunden. Es gibt kaum Abwasseranlagen oder sanitäre Einrichtungen. Auch die Stromversorgung ist unsicher. Es fehlt an Straßen, Gesundheitszentren und Schulen, eine öffentliche Verkehrsanbindung existiert nicht.
Die Einwohner*innen Cañetes sind überwiegend im informellen Sektor tätig oder haben lediglich Zugang zu unsicheren Arbeitsverhältnissen im Niedriglohnsektor. Die prekäre Lage der Familien erschwert den Kauf von gesunden Nahrungsmitteln in ausreichender Menge. 34,6 Prozent der Haushalte werden von alleinstehenden Frauen geführt, was dem Landesdurchschnitt gleichkommt. Alleinerziehende Mütter stehen vor zusätzlichen Herausforderungen. Sie tragen die Verantwortung für die Versorgung ihrer Kinder und müssen mit den eingeschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten zurechtkommen.
Die gemeinnützige Organisation Alma Capac arbeitet in den Slums von Lima in Peru. Ihr Vorgehen: Menschen kommen zusammen und errichten oder erneuern, angeleitet von Alma Capac, grundlegende Infrastruktur. Die Organisation hat sich auf den Aufbau von Gemeindeküchen spezialisiert. Teilnehmende gründen eine Genossenschaft und arbeiten beim Bau mit. Sie lernen das Planieren, Mauern, Verlegen von Strom- oder Wasserleitungen. Ziel ist ein flächendeckendes Netzwerk aus Gemeindeküchen. Denn gute Ernährung, aktionsorientierte Ausbildung und gemeinschaftliches Wirtschaften sind tragfähige Zukunftsimpulse.
Alma Capac wurde 1999 von Ricardo Herrera in Carabayllo gegründet; sie wird bis heute von ihm geleitet. Ziel ist, mittellosen Menschen dabei zu helfen, ihre Grundversorgung in die eigenen Hände nehmen zu können. Ricardo Herrera entstammt einer neunköpfigen, mittellosen Familie und schaffte es mit unglaublichem Einsatz, sich fortzubilden und nach und nach ein Studium als Architekt erfolgreich zu absolvieren. Bis jetzt hat er rund 20 genossenschaftlich organisierte Gemeindeküchen in ebenso vielen Slumvierteln fertigstellen können, alle aus Spenden finanziert.
Aus dieser Situation heraus organisieren sich Frauen in Gemeindeküchen, um gemeinsam für die Ernährung ihrer Kinder zu sorgen. Die Küchen sind meist einfache kleine Holzhütten ohne Boden. Es gibt drei Steine, auf denen ein großer Kochtopf steht, der mit Holz befeuert wird. Wenige alte Tische, eine Bank oder einige Stühle bilden das Mobiliar. Das Wasser für die Küche muss von den einmal wöchentlich herumfahrenden Tankwagen gekauft werden. Es wird in Bottichen gelagert – in Gefäßen, die irgendwie erlangt werden konnten.
Täglich werfen die Frauen zusammen, was sie an Geld zur Verfügung haben und kaufen gemeinsam für die eine warme Mahlzeit ein. Die sich reihum abwechselnden Köchinnen erhalten das Essen kostenlos, alle übrigen zahlen etwa vier Soles pro Mahlzeit, umgerechnet einen Euro.
Das Ziel: Küche, Wasser, Elektroanschluss
Wenn die Gemeindeküchen über eine solide Infrastruktur mit Ausstattung, Elektroanschluss und Wasserleitung verfügen, können sie bei der Regierung Nahrungsmittelhilfe beantragen. Die besteht aus Reis, Öl und Dosenfisch. Manchmal kommen Linsen dazu. Diese Nahrungsmittelhilfe ist ein wichtiger Baustein für die Ernährung. Und für die Frauen ist es ein großes Ziel, eine solide Infrastruktur zu erreichen.
Unser Partner Alma Capac möchte mit drei Frauengruppen Gemeindeküchen errichten. Sie sollen mit den Familien gebaut werden. Dabei werden Mauern und das Verlegen von Leitungen gelehrt, damit die Menschen diese Techniken auch für den Ausbau ihrer eigenen Häuser nutzen können. Ein großer Raum soll an eine offene Küche mit großem Herd, Spüle und Kühlschrank anschließen und als Kantine dienen. Der Küchentrakt wird mit Regalen, Flächen für die Zubereitung und einem Stahltisch ausgestattet. Auch alle übrigen notwendigen Küchenutensilien sollen im Rahmen des Aufbaus angeschafft werden.
Die Gemeindeküchen sind nicht nur Orte für tägliche Mahlzeiten. Sie können die Grundlage dafür legen, dass Kinder ohne chronische Unterernährung aufwachsen. Und sie sind Oasen innerhalb der Slumgebiete. In diesen Oasen ist das Leben von einem Gedanken des sozialen Miteinanders geprägt. In der alltäglichen gemeinsamen Praxis des Einkaufens, Zubereitens und Essens wächst Vertrauen, entsteht eine Gemeinschaft. Das ist wiederum die Grundlage, um weitere Unternehmungen starten zu können.
Vor diesem Hintergrund sollen die drei neuen Gemeindeküchen mit kleinen Manufakturen zum Backen und zur Weiterverarbeitung von Milch und mit einem kleinen Gemüsegarten ergänzt werden. Im Rahmen des Aufbaus der Manufakturen und der Gärten sollen 40 Menschen ausgebildet werden. Damit werden Ausbildungs- und Arbeitsplätze geschaffen. Durch den Verkauf der Überschüsse werden Einkünfte zum Unterhalt der Küchen erzielt.
560 Mitglieder der Gemeindeküchen profitieren direkt vom Aufbau der Küchen, der Manufakturen und der Gärten. Bei rund vier Familienmitgliedern sind dies 2.240 Menschen. Pro Person ist einmalig ein Zuschuss von 243 Euro notwendig. Das Gesamtvorhaben wird aus Mitteln des BMZ bezuschusst. So wirkt Ihre Spende gleich vierfach.