Solidarische Landwirtschaft in Indien
13.11.2025
Rund um die Millionenmetropole Bangalore bauen Frauen eine Bio-Konsumgenossenschaft auf. Das Ziel der Buffalo Back Consumer Federation: Lebensunterhalt sichern und die Ernährung in der Metropole verbessern.
Als Vishala Padmanabhan mit vierzehn Jahren zum ersten Mal den Bannerghatta-Nationalpark betrat, war sie eine typische Großstädterin aus Bangalore – ohne tiefere Verbindung zur Natur. Doch dieser Schulausflug hinterließ einen bleibenden Eindruck. Während ihres Studiums der Wirtschaftswissenschaften und ihrer erfolgreichen Karriere als Wirtschaftsprüferin wurde ihr bewusst, wie groß die Kluft zwischen den Kleinbäuer*innen der umliegenden Dörfer und den Konsument*innen der 12-Millionen-Metropole ist.
Faires und nachhaltiges Ernährungssystem
Deshalb gründete Vishala Padmanabhan 2011 mit einer Gruppe engagierter Konsument*innen die Buffalo Back Consumer Federation (BBCF). Sie sollte die direkte Kooperation zwischen Verbraucher*innen und Bäuer*innen über eine Konsumgenossenschaft fördern. Weitere Ziele sind die Aufklärung zur Bedeutung nachhaltiger Landwirtschaft für Mensch und Umwelt, die Unterstützung des arbeitsintensiven organischen Anbaus und von Bauernmärkten. Seit ihrer offiziellen Registrierung als gemeinnützige Organisation 2024 setzt BBCF konkrete Projekte um: etwa den Anbau saisonaler, lokaler Hülsenfrüchte und Getreide, eine Bäckerei mit Hirse aus regionalem Anbau, ein Netzwerk für Kunsthandwerk und ein Archiv traditioneller Rezepte.
Doch Vishala Padmanabhan und ihr Team erkannten auch: Ihre Arbeit war sehr auf die städtischen Verbraucher*innen ausgerichtet. Um den Fokus mehr auf die Produzent*innen zu legen, zog sie in ein Dorf und begann, mit Frauenselbsthilfegruppen zu arbeiten. Zusammen mit ihnen entwickelte sie als neues Einkommensmodell für Frauen gemeinschaftlich und organisch betriebene Gärten, sogenannte Kai-Thota-Gärten. Sie sind Teil der Konsumgenossenschaft.
Nammora Kai Thota: Lernraum und Empowerment-Zentrum
„Nammora Kai Thota“ – Dorfküchengärten nennen sie sie. Die Pilotphase startete 2024 mit zwei Gärten im Dorf Ragihalli. BBCF schulte zwölf Frauen einer Selbsthilfegruppe im ökologischen Anbau. Darüber hinaus unterstützte BBCF bei Bodenbearbeitung, Saatgutkauf, Tröpfchenbewässerung, Kompostbereitung und Bau von solarbetriebenen Elektroschutzzäunen gegen Wildtiere. Die Ernte verbessert die Ernährung von 80 Kindergartenkindern und 30 Stadtfamilien. Diese besuchen die Gärten regelmäßig und kaufen direkt frisches Gemüse.
Kai-Thota-Gärten stiften Perspektiven vor Ort
Lakshmi M. ist eine alleinstehende Mutter aus einer landlosen Landarbeiterfamilie. Sie ist eine der Frauen, deren Leben Kai Thota grundlegend verändert hat. Fünf Jahre lang pendelte sie täglich nach Bangalore zur Arbeit in einer Textilfabrik. Heute findet sie Einkommen und Sinn direkt vor Ort.
In den Gärten hat sie sich zur Verfechterin organischer Landwirtschaft entwickelt. Ihre Methoden verbessern den Boden und reduzieren den Eintrag von Chemikalien. Stolz beobachtet sie das Wachstum ihrer Pflanzen und freut sich über die Dankbarkeit der Menschen, die sie weit über die eigene Familie hinaus versorgt.
Neue Gärten sollen weitere 40 Frauen wirtschaftlich stärken
Als nächstes will die Konsumgenossenschaft die Anzahl der Gärten auf vier verdoppeln, 40 weitere Frauen qualifizieren und so mehr als 100 Kinder besser ernähren. Zudem möchte BBCF die Zahl der Lebensmittel-Abonnements von städtischen Abnehmer*innen weiter erhöhen.
Für die Anlage von zwei weiteren Gemeinschaftsgärten benötigt Buffalo Back insgesamt 16.992 Euro für Schulungen, Wasserinfrastruktur, Werkzeuge und Saatgut. Das kommt direkt 140 Personen zugute. Pro Person ist das eine einmalige Spende von 121 Euro.
Perspektivisch wird die Arbeit in den Gemeinschaftsgärten über die Ausweitung des Konsument*innennetzwerks in Bangalore, also über die Konsumgenossenschaft, lokal finanziert werden können.
Buffalo Back Consumer Federation (BBCF) aus Bangalore und der 16 Doddi Trust sind zwei gemeinnützige Schwesterorganisationen. BBCF wurde 2012 in Bangalore und der 16 Doddi Trust 2019 im Dorf Ragihalli in der ökologisch sensiblen Zone von Bannerghatta (Bundesstaat Karnataka) gegründet. Ihr Ziel: Kleinbäuer*innen aus Ragihalli mit Verbraucher*innen der Großstadt Bangalore zu verbinden.
Durch Maßnahmen wie solidarische Landwirtschaft, Aufklärungskampagnen für Stadtbewohner*innen, Bauernmärkte und Besuche in Gemeinschaftsgärten tragen die beiden Organisationen dazu bei, Bodengesundheit, stabile und würdige Lebensgrundlagen für die Kleinbäuer*innen und Ernährungsgerechtigkeit für ländliche und urbane Konsument*innen zu fördern und zu erhalten.
In den letzten zehn Jahren haben BBCF und der 16 Doddi Trust mehr als 500 Kleinbäuer*innen, 22 bäuerliche Genossenschaften, 5 Handwebereigenossenschaften und 8 Saatgutsammler-Gemeinschaften unterstützt – unter anderem durch die Schaffung von Marktzugängen, Finanzierungsmöglichkeiten und Schulungsangeboten.
Vishala Padmanabhan ist Mitgründerin sowohl der Buffalo Back Consumer Federation als auch des 16 Doddi Trust. Als Städterin in dritter Generation aus Bangalore wurde sie zur Wirtschaftsprüferin ausgebildet und arbeitete zu Beginn ihrer Karriere in multinationalen Unternehmen.
Nach ihrer Rückkehr in die Heimatstadt erkannte sie jedoch den dringenden Handlungsbedarf: Die herkömmliche Lebensmittelversorgung mit ihren Liefer- und Produktionsketten musste hinterfragt werden. Sie sah die Chance, Kleinbäuer*innen aus der ökologisch sensiblen Zone von Bannerghatta stärker mit den Konsument*innen der Metropole zu verbinden – mit dem Ziel, die Lebensbedingungen der Landfrauen zu verbessern und gleichzeitig städtischen Haushalten gesunde, nährstoffreiche Produkte zugänglich zu machen.
Mit ihrem Umzug ins Dorf Ragihalli begann Vishala Padmanabhan, eng mit Frauenselbsthilfegruppen (Self Help Groups, SHGs) zusammenzuarbeiten. Sie organisierte Schulungen, Begegnungen zwischen Kleinbäuer*innen und Konsument*innen und suchte nach Wegen, wie die Frauen aus den SHGs ihre Lebensgrundlagen verbessern und zugleich zu einer nachhaltigen, nahrhaften Lebensmittelkette beitragen können.