Indien: Gesundheit durch Siddha-Medizin
10.06.2025
Ein blitzsauberer großer Raum. Maschinen, die allen Standards der Arzneimittelproduktion gerecht werden und eine glückliche Frau Dr. Rani, Gründerin von MUHIL und studierte Siddha-Medizinerin. Dieses Bild bietet sich nach überaus anstrengenden sechs Jahren Bau- und Installationszeit.
2018 begann der Aufbau des Produktionszentrums. Die Grundlage bot die anerkannte Gesundheitsarbeit von Dr. Fatima Rani, besonders für Dalits (sogenannte Unberührbare, Kastenlose) und Angehörige niedriger Kasten. Die Idee war, diese Basisgesundheitsversorgung weiter auszubauen, sodass MUHIL 93 Dörfer in der Umgebung versorgen kann. Dafür wollte MUHIL die Produktion von Siddha-Arzneien in der ländlichen Region des südindischen Tamil Nadu ausweiten und Frauen in Gesundheitshilfe und Arzneimittelherstellung ausbilden. Es ging um den biodynamischen Anbau von Heilpflanzen, die Schulung von technischem Personal für die maschinelle Tablettenproduktion sowie den Bau und die Ausstattung des Produktionszentrums.
Unermüdlicher Einsatz
Gravierende Einschnitte machten die Umsetzung des Projekts innerhalb der geplanten zwei Jahre unmöglich. Dazu zählten eine massive Überschwemmung im Jahr 2019 ebenso wie die Corona-Pandemie, die Indien besonders hart traf und monatelange Lockdowns zur Folge hatte. Einen weiteren Rückschlag erlitt MUHIL durch die Entscheidung der indischen Regierung im Jahr 2021, dass sich alle Nichtregierungsorganisationen neu registrieren lassen mussten. Bis zur vollständigen Prüfung dieser Re-Registrierung wurden die Devisenkonten gesperrt und so de facto die Nutzung ausländischer Fördergelder verboten. Doch die Mitarbeitenden hielten durch. Die Leiterin von MUHIL, Dr. Rani, verkaufte sogar Land, andere verpfändeten ihren Schmuck.
Nach der erfolgreichen Re-Registrierung im Februar 2023 arbeitete MUHIL an der Fertigstellung des Produktionszentrums. Im Februar 2024 wurde der Rohbau eingeweiht. Bis zum Sommer war die Einrichtung der Maschinen abgeschlossen, erste Testläufe folgten.
Startklar dank Zusammenhalt und Engagement
Mit Beginn des Jahres 2025 ist nun alles bereit. Die Produktion hat begonnen und für MUHIL erfüllt sich ein lange gehegter Traum. Dies ist vor allem dem Zusammenhalt des Teams und dem unermüdlichen Engagement der Mitarbeitenden zu verdanken.
Parallel zum Bau der Produktionsstätte hat Dr. Rani die nächste Generation an ihre Aufgaben und Verantwortung herangeführt. Drei junge Frauen leiten das medizinische Programm für die 93 Dörfer mit Produktion der Siddha-Medikamente, Gesundheitscamps und mobiler Gesundheitseinheit, die per Bus zu Behandlungen in die Dörfer fährt.

Maschinelle Produktion für großflächigere Versorgung
Ein zweites Team, bestehend aus zwei jungen Männern und einer jungen Frau, organisiert den biodynamischen Anbau von Heilpflanzen und Arzneimittelrohstoffen mit über 200 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern.
40 Prozent der von MUHIL produzierten Siddha-Medikamente sollen in den Vertrieb gehen, um die Produktionskosten, den Betrieb der Anlagen sowie die Personalkosten zu decken. 60 Prozent sind für die direkte medizinische Versorgung der Dorfbewohner*innen vorgesehen. Bis die ersten Rückflüsse aus der Produktion erzielt werden, müssen Rohstoffe, Verpackungsmaterial und die Gehälter der Mitarbeitenden gezahlt werden. Dafür benötigt MUHIL Startkapital. Das Ziel ist, dass MUHIL wirtschaftlich auf eigenen Füßen steht.
Zum Start der Produktion benötigt MUHIL 2025 circa 27.000 Euro für den Kauf von Roh- und Verpackungsmaterial sowie 40.000 Euro für Löhne. Umgerechnet auf die rund 7.700 Patient*innen sind es etwa 8,70 Euro pro Person.
Dr. Fatima Rani studierte als Ordensschwester Siddha-Medizin. Aufgrund der von ihr gewählten "Option für die Armen" schied sie aus ihrem Konvent aus. Gemeinsam mit Dr. Vincent Clement Joseph und Father Michael gründete sie "The Downtrodden and Poor People Charitable Medical, Educational & Welfare Trust", eine gemeinnützige Stiftung, die Gesundheitsleistungen für arme ländliche Bevölkerungsgruppen, vor allem Kastenlose, anbietet.
Über mobile Dorfkliniken, Gesundheitscamps und die Behandlung im zentralen Gesundheitszentrum bietet MUHIL Bedürftigen (Kastenlosen, Angehörigen niedriger Kasten und sogenannten Tribals) medizinische Basisversorgung auf traditioneller Siddha-medizinischer Grundlage. 35 Mitarbeitende und weitere Gesundheitspromotor*innen versorgen 93 Dörfer im Distrikt Madurai in Tamil Nadu. MUHIL bildet Kleinbäuer*innen im biodynamischen Anbau aus. Ferner verfügt MUHIL über eine Destille zur Produktion ätherischer Öle. Seit 2002 kooperiert die Zukunftsstiftung Entwicklung mit MUHIL in der Aus- und Weiterbildung von Gesundheitshelferinnen, der Rekultivierung von verödetem Land, der Ausweitung des biodynamischen Anbaus, der Produktion ätherischer Öle und nun der Arzneimittelproduktion.
