22.02.2024

Ein Programm für Schulabbrecher*innen

Nur rund die Hälfte der Kinder in Uganda beendet die Grundschule. Mit einem neuen Programm möchten unsere sechs Partner-Grundschulen Arbeits- und Einkommensgrundlagen für jugendliche Schulabbrecher*innen schaffen.

Marvin, 14 Jahre, besuchte bis zur 6. Klasse die St. Peter’s Grundschule in Sseguku. Er wuchs bei seiner alleinerziehenden Mutter auf, bis diese zum Arbeiten nach West-Uganda ging und Marvin bei seiner Großmutter zurückließ. Weil sich die Gesundheit seiner Großmutter zunehmend verschlechterte, fehlte Marvin immer häufiger in der Schule, um sie zu pflegen. Zu den wachsenden Fehlzeiten kamen Schwierigkeiten, die Schulgebühren zu bezahlen. Marvin fiel in der Schule immer weiter zurück. In der 4. Klasse begann er, gelegentlich auf Baustellen in der Umgebung zu arbeiten, um Geld zu verdienen und sich und seine Großmutter versorgen zu können. Als er in der 6. Klasse war, verstarb seine Großmutter. Auf sich allein angewiesen und ohne Zuhause entschied er sich, die Schule endgültig zu verlassen. Seither arbeitet er als schlecht entlohnter Hilfsarbeiter auf Baustellen.

Armut bedroht den Schulbesuch

In Uganda verlassen jährlich etwa 250.000 Kinder die Grundschule ohne Abschluss. Nur etwa 25 Prozent der verbliebenen Jugendlichen besuchen nach dem Abschluss eine weiterführende Schule. Von diesen erreichen lediglich 38 Prozent das O-Level, das zu einer Ausbildung an einem Berufsbildungszentrum befähigt.

Mehr zu GLFU

Im Green Light Forum Uganda (GLFU) organisieren sich 13 erfahrene Partnerorganisationen der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung. Zu den langfristig kooperierenden Mitgliedern zählen fünf Organisationen für organischen Landbau sowie sieben ländliche Grundschulen. Bei gemeinsamen Tagungen und Schulungen erweitern die Partner ihre Kompetenzen und schulen bzw. beraten sich gegenseitig zu Themen wie Administration, Projektabwicklung oder angepassten und verbesserten Technologien. Gemeinsam setzen die Partner großangelegte Vorhaben zur Förderung der nachhaltigen organischen Landwirtschaft, Wiederaufforstung, Schutz der Umwelt und Erhalt der Biodiversität um. Die Projekte verbessern langfristig die Lebensgrundlagen von Kleinbauernfamilien und schaffen Widerstandskraft gegen den fortschreitenden Klimawandel.

Die St. Peter's Grundschule hat bereits viel Erfahrung im Handarbeitsunterricht

Für Mädchen spielen zudem geschlechtsspezifische Gründe eine große Rolle. Ein mangelnder Zugang zu Hygieneprodukten während der Menstruation führt jeden Monat zu Fehlzeiten, die die Schülerinnen nur schwer aufholen können. Acht Prozent der Mädchen und jungen Frauen scheiden zudem aufgrund früher Schwangerschaften aus der Schule aus. Die Corona-Pandemie hat durch steigende Arbeitslosigkeit und Armut zu einem Anstieg der Schulabbrüche beigetragen. Auch die Teuerungsrate aufgrund des Krieges gegen die Ukraine bedroht seit vergangenem Jahr den Schulbesuch von tausenden Kindern.

Die Nambeeta Schule setzt in Handarbeitsunterricht auf lokale und natürliche Materialien

Die Gründe sind vielfältig: Sechs von zehn Schüler*innen brechen aus finanziellen Gründen ab. Mit Einführung der allgemeinen Schulpflicht und einer formal kostenlosen Volksschulbildung wurden Schulgebühren an staatlichen Schulen zwar offiziell abgeschafft, jedoch erheben die Schulen in der Regel Gebühren für Prüfungen, Infrastrukturentwicklung oder Bücher. Hinzu kommen Kosten für Schuluniform, Lernmaterial und Mittagessen – für viele Familien unerschwinglich. Fehlendes Einkommen durch Ernteausfälle, Krankheit oder Tod eines Familienmitglieds wirken sich unmittelbar auf den Schulbesuch von Kindern und Jugendlichen aus. Unzureichende Ernährung und mangelnder Zugang zu sauberem Wasser als Folgen von Armut können den Gesundheitszustand beeinträchtigen und tragen so ebenfalls zu einer hohen Schulabbruchrate bei. Kinder, die bei ihren Großeltern, HIV-positiven oder alleinerziehenden Eltern aufwachsen, sind besonders gefährdet, die Schule vorzeitig zu verlassen.

Einkommensmöglichkeiten durch praktische Fähigkeiten

Sechs Grundschulen, mit denen die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung seit vielen Jahren kooperiert, möchten diese Herausforderung nun durch ein neues Programm angehen. Jugendliche Schulabbrecher*innen sollen handwerkliche Fähigkeiten wie Nähen, Schreinern, das Herstellen von Seife und Waschmitteln, das Fertigen von Sandalen oder das Friseur-, Elektro- und Maurerhandwerk erlernen. Ergänzt werden die praktischen Kenntnisse durch Unterricht in Buchführung und Vermarktung. Die Jugendlichen werden zudem kontinuierlich durch eine*n Ansprechpartner*in an den Schulen begleitet und beraten. Ziel ist, dass sie sich zu Gruppen zusammenschließen und gemeinsam tragfähige Kleinunternehmen aufbauen. In den kommenden vier Jahren sollen 500 Schulabbrecher*innen an den sechs Schulen erreicht werden.

Für den Unterricht und die Begleitung sowie Werkzeuge und Materialien werden 26.732 Euro benötigt. Dies entspricht 53,46 Euro pro Person.

Ehemalige Schüler der St. Peter's Grundschule produzieren Blumentöpfe aus alten Autoreifen für den Verkauf

Spendenzweck

Uganda: Hilfe für Schulabbrecher*innen F269