Schulgärten wahren indigenes Wissen und füllen Teller
13.11.2025
Schulessen sind für viele Kinder in Peru die einzige tägliche Mahlzeit. Die Bildungsinitiative Qespina baut Schulgärten im andinen Hochland auf, in denen Kinder ihr Wissen zu Umwelt, Ernährung und Gesundheit praktisch umsetzen: Was sie ernten, sind auch gesunde Zutaten für ihr Schulessen.
Eine lächelnde rote Rübe ist auf ein Holzschild gemalt, daneben hat jemand „Beterraga“ geschrieben – rote Bete. Das Schild steckt in einem Beet mit sprießendem Gemüse: Frühlingszwiebeln etwa, Salat und rote Bete, angebaut von den Kindern der Grundschule in Chuso.
Das Beet ist Teil eines der Freiluft-Klassenzimmer, die aus der Zusammenarbeit von Qespina mit 14 Schulen im Valle Sagrado, Region Cusco, entstanden sind. Qespina ist eine unserer Partnerorganisationen, aufgebaut von der Archäologin und Waldorfpädagogin Lizbeth Escudero López. Seit 2009 fördert Qespina Bildungsprojekte an staatlichen Schulen, die Kindern indigenes Wissen über Umwelt, Ernährung und Gesundheit vermitteln. Kinder sollen früh erfahren, dass es Alternativen zu Mangelernährung und Umweltverschmutzung gibt.
Kreative Vermittlung von Kultur und Tradition der Anden
Qespina schult die Lehrenden dazu für einen Unterricht mit Raum für Kreativität und individuelle Förderung. Auch Legenden und Lieder auf Quechua und Spanisch, das Malen, Basteln und Tanzen machen die Kultur und Tradition für die Kinder erfahrbar.Qespina fördert auch das Lernen organischer Anbaupraktiken. Das Schulessen ist für viele Kinder in Peru die einzige Mahlzeit des Tages. Ein staatliches Schulessen-Programm sollte diese Mahlzeit sicherstellen. Doch allein in diesem Jahr haben sich mehr als 300 Kinder landesweit schwere Lebensmittelvergiftungen zugezogen.
Schulgärten stiften Gemeinschaft und sind praktische Lernorte
Gemeinsam mit Eltern und Schulen hat Qespina deshalb überlegt, wie sie selbst ein hochwertiges Schulessen sichern können. So schulen die Agronom*innen von Qespina die Lehrkräfte im Wissen über traditionelle Lebensmittel und ihren Wert. Die Eltern und das Personal der Partnerschulen beschlossen, mehr Schulgärten einzurichten. Vor allem aber bauen die Kinder Gemüse und Kräuter organisch an. Was sie ernten, bereichert ihr Schulessen.
Lernen fürs Leben inmitten von Salat und roter Bete
Lizbeth Escudero López betont, wie wichtig die tägliche Mahlzeit für die Entwicklung der Kinder ist. Eine häufige Folge von Mangelernährung sei zum Beispiel Blutarmut: „Zu den Folgen gehören Lern-, Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsprobleme sowie Störungen in der sozialen und emotionalen Entwicklung, die das Risiko für Angstzustände, Depressionen und Reizbarkeit erhöhen.“
Die Schulgärten im Valle Sagrado sollen ein Quell für frische Lebensmittel werden – eine Seltenheit in der von extremen Klimaschwankungen, Armut und fehlender Infrastruktur geprägten Region. Vor allem werden die Gärten zu Orten, in denen Kinder inmitten von Salat und roter Bete fürs Leben lernen.
Für die Schulungen sowie Saatgut und Werkzeuge sind pro Schule rund 4.700 Euro jährlich notwendig. Pro gefördertem Kind entspricht dies rund 37 Euro.
Seit 2009 fördert Qespina in Zusammenarbeit mit staatlichen Schulen Bildungsprojekte für Kinder in der ländlichen Andenregion rund um Cusco. Ziel der Organisation ist es, das traditionelle Wissen über Umwelt, Ernährung und Gesundheit zu bewahren und an die Kinder weiter zu geben, um Problemen wie Mangelernährung und Umweltverschmutzung entgegen zu wirken. Über 200 Schüler*innen von sechs staatlichen Schulen können so die Pflege der andinen Kultur und Tradition in Verbindung mit kreativem Lernen in Gemeinschaft, guter Ernährung und Umweltschutz erfahren. Qespina öffnet den Raum für Phantasie, Geschichten und Lieder auf Quechua und Spanisch, für Malen, Basteln und Tanzen, für einen wertschätzenden Umgang zwischen Lehrenden und Lernenden. Da die meisten Kinder und Jugendlichen unter einseitiger und unzureichender Ernährung leiden, hat jede Schule einen organischen Gemüsegarten angelegt, aus dem täglich Mahlzeiten zubereitet werden.
Die Zukunftsstiftung Entwicklung begleitet Qespina seit 2013.
Die in Lima geborene Archäologin Lizbeth Escudero Lopez entdeckte 2004 ihre Lebensaufgabe, die Entwicklung neuer Lernmöglichkeiten für Dorfkinder, durch eine Freiwilligenarbeit in einem Heim für Waisenkinder in der Nähe von Cusco. Bei weiteren archäologischen und anthropologischen Tätigkeiten im Valle Sagrado, dem Heiligen Tal der Inkas, sah sie sich zudem mit Problemen der staatlichen Schulbildung, der Unterernährung der Kinder, des Verlustes der kulturellen Identität und der Umweltverschmutzung konfrontiert. Aus der Überzeugung, dass Kinder der Motor eines zukunftsweisenden Wandels sind, widmete sie sich der Entwicklung einer Waldorf-orientierten Pädagogik für den andinen Raum, die Kreativität und Verantwortungsbewusstsein fördert.