Schulaufbau und Bildungsförderung in Selenkei
06.05.2024
Selenkei liegt im Südwesten Kenias in der Provinz Kajiado. Selenkei ist eine Region, in der vorwiegend Massai leben. Die Gemeinde baut hier eine von der waldorf-inspirierte Volksschule auf, in der die Kinder auch praktische Fähigkeiten erlernen.
Zum Hintergrund
Von Nairobi kommend, fährt man weit in Richtung Süden, an der größeren Ortschaft Sultan Hamud vorbei. Dornige Akazien dominieren die Landschaft, in der gelbes, dürres Gras auf roter, staubiger Erde wächst. Die Schule liegt etwa anderthalb Autostunden vom bekannten Amboseli National Park entfernt, der bis zur Grenze nach Tansania reicht. Die meisten Massai-Familien der Region leben halbnomadisch von der Viehzucht. Dürren, die durch den Klimawandel immer häufiger auftreten, bedrohen ihr Leben. Wenn diese eintreten, ziehen die Männer mit ihren Herden auf der Suche nach Gras und Wasser bis nach Tansania oder in den Norden Kenias. Dabei sterben 50 bis 80 Prozent der Tiere. Die Frauen und Kinder bleiben in Selenkei mit einigen Kleintieren zurück.
Die Amboseli Massai Development Organization (AMDO) wurde von Leonard Onetu gegründet, Mitglied der Massai Group Ranch Selenkay. Leonard Onetu hatte das Glück, dass seine Gemeinde seine Schulbildung finanzierte. Er absolvierte Internatsschulen bis zum Abitur, studierte Soziologie und schloss mit einem Master ab. Unter den rund 146.000 Menschen des gesamten Distriktes ist Leonard Onetu bis heute einer der wenigen Universitätsabsolventen. Mehrere Jahre arbeitete er für verschiedene kenianische Nichtregierungsorganisationen und das kenianische Landwirtschaftsministerium. Dann wuchs in ihm der Wunsch, etwas von dem zurückzugeben, was er durch seine Gemeinschaft erhalten hatte. Im Gespräch mit den Ältesten der Gemeinde kam die Überlegung auf, eine waldorfinspirierte Schule aufzubauen. Leonard Onetu zu dem Vorhaben: „Die Schule ist ein großes Glück für unsere Gemeinde. Sie gibt uns die Möglichkeit, Werte wie Achtung der Natur und Solidarität unter den Menschen, die uns als Massai wichtig sind, mit einer guten Ausbildung für unsere Kinder zu verbinden.“
Selenkei liegt im Südwesten Kenias in der Provinz Kajiado. Hier baut die lokale Massaigemeinde unter Leitung der Organisation Amboseli Massai Development Organisation (AMDO) eine Waldorf inspirierte Grundschule auf, die – wie in Kenia Standard – bis zur siebten Klasse führt und in der auch die praktischen Fähigkeiten der Kinder geübt werden. Sie ist, zusammen mit ihrem Kindergarten Naretoi („Wir kommen zusammen“) im Jahr 2016 offiziell eingeweiht worden. Die Schule soll den Kindern der Massai zum einen den Zugang zu „konventioneller“ Bildung ermöglichen und zum anderen alltagspraktische Fähigkeiten sowie organischen Landbau nahebringen. Das Projekt wird umfassend von der Gemeinde vor Ort getragen. So stellte die Gemeinde das Schulgelände zur Verfügung. Sie steuert zusätzlich zu ihrem Arbeitseinsatz vor Ort verfügbare Baumaterialien wie Sand, Kies und Wasser zum Bauvorhaben bei. AMDO koordiniert den Ausbau der Schule und trägt mit dafür Sorge, Menschen aus der Gemeinde auszuwählen, die sich für die Arbeit als Lehrer*in oder als Kindergärtner*in weiter qualifizieren. So wird in die Zukunft der Kinder investiert und zugleich die gesamte Gemeinschaft gestärkt.

Zugang zu Bildung ist eine Herausforderung
Für die Massai stellt der Zugang zu Schulbildung eine besondere Herausforderung dar. In Selenkei leben rund 2.000 Kinder im Grundschulalter. Doch es gibt nur zehn Kindergärten und fünf Grundschulen, die meist schlecht ausgestattet sind. Der Weg dorthin ist für viele Kinder lang. Eine weiterführende Schule gibt es nicht.
Leonard Onetu, Leiter der waldorf-inspirierten Schule Naretoi („Wir kommen zusammen“), hat mit seiner Organisation die Kapazitäten entwickelt, den Kindergarten und die Grundschule in Selbstverwaltung zu betreuen und den Schulausbau zu begleiten. Der Kindergarten konnte 2016 eingeweiht werden. Für die Weiterentwicklung der Schule ist es entscheidend, dass die Gemeinde die Einrichtung trägt und verwaltet. Jeder Aufbauschritt erfordert den Beitrag der Gemeinde in Form von ehrenamtlicher Arbeit oder Materialien aus der Region. In den letzten vier Jahren war dieser Eigenanteil aufgrund der Pandemie und der darauffolgenden Dürren besonders schwierig. Die Einkommen aus Viehverkauf und informeller Arbeit sind drastisch gesunken, sodass die Eltern kaum noch Beiträge leisten konnten. Deshalb sind das Porridge-Programm und das warme Mittagessen, das die Kinder täglich in der Schule erhalten, von großer Bedeutung. Viele Kinder sind von unzureichender Ernährung betroffen, sodass die täglichen Mahlzeiten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Kinder leisten.
Das Ziel: Eine florierende Schule mit Kindergarten und Schulfarm
Inzwischen besuchen rund 200 Kinder den Kindergarten und die Grundschule. Neun engagierte Lehrer*innen aus der Gemeinde gestalten den Unterricht. Die Schule wird über ein eigenes Bohrloch mit Wasser versorgt, was auch die Zubereitung des Essens ermöglicht. Waschräume, zwei Wohnhäuser für Lehrende und die Klassenräume für die 1. bis 6. Klasse sowie für zwei Kindergartengruppen konnten inzwischen trotz schwieriger Rahmenbedingungen fertiggestellt werden.
Lehrende, Schüler*innen und Eltern haben gemeinsam mit zwei jungen Gemeindemitgliedern die Planung eines Schulgartens vorangetrieben, der Anfang 2025 feierlich eröffnet wurde.
Die beiden jungen Gemeindemitglieder Chris Kipaa und Koisa Lulunga haben in den letzten drei Jahren eine Ausbildung im organischen Landbau absolviert. Zuerst besuchten sie das „College of Sustainable Ecological Agriculture for Eastern Africa“ (CSAEA) in Kiliambogo, das von unserer Partnerorganisation SACDEP geleitet wird. Ab Anfang 2023 nahmen sie an einem Diplomkurs am „Kenya Institute of Organic Farming“ teil und schlossen diesen 2025 erfolgreich ab. Jetzt absolvieren sie ein Fernstudium zu organischem Landbau an der Martyrs Universität in Kampala, Uganda. Das neu erworbene Wissen bringen sie direkt in ihre Gemeinde ein.
Gemeinsam mit den Kindern und Lehrenden möchten sie Gemüse anbauen und Obstbäume pflanzen. Das frische Gemüse wird den Kindern als Teil der Schulmahlzeiten wertvolle Vitamine bieten, während sie gleichzeitig organische Anbautechniken erlernen. Dieses Wissen können sie an ihre Eltern und Geschwister weitergeben.


Bildungschancen für Kinder und Jugendliche in Selenkei
Die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung unterstützt zudem 14 junge Menschen aus Selenkei in ihrer Ausbildung. Dazu gehört der Besuch von weiterführenden Schulen, technischen Ausbildungsstätten oder Universitäten. Leonard Onetu, Leiter der Organisation AMDO, ist überzeugt: Bildung ist der Schlüssel, um Lösungen für die wachsenden Herausforderungen des Überlebens der Massai zu finden und die zukünftige Generation zu stärken. Die jungen Menschen bringen ihr Wissen bereits zurück in die Gemeinschaft und werden so zu Vorbildern und Hoffnungsträgern für die nächste Generation.
Für den weiteren Ausbau des Schulgartens sowie der Bildungsförderung der Kinder und Jugendlichen sind 2025 weitere 15.000 Euro an Spenden nötig.