Dringende Renovierungsarbeiten in der Favela Monte Azul
06.05.2024
Slums in Brasilien entwickelten sich in den 80er Jahren jenseits jeder staatlichen Intervention. Heute ist es rechtlich bindend, etwa Gebäude mit sozialen Funktionen registrieren und begutachten zu lassen. Neue Auflagen führen zu starken Investitionszwängen.
Brasilien ist mit über 219 Millionen Menschen der bevölkerungsreichste und mit einer Gesamtfläche von 8.515.770 Quadratkilometer der größte Staat Lateinamerikas. In diesem eigentlich an natürlichen Ressourcen und menschlichen Talenten reichen Land ist es vor allem die soziale Ungleichheit, die dazu führt, dass sich die Lebenswelten der Brasilianer*innen stark voneinander unterscheiden.
Diese Ungleichheit manifestiert sich etwa in großen Einkommensunterschieden und im ungleichen Zugang zu öffentlicher Daseinsvorsorge in den Bereichen Gesundheit, Wasser- und Energieversorgung, Bildung. Ca. 83 Prozent der Brasilianer*innen wohnen mittlerweile in Städten, darunter Großmetropolen wie São Paulo mit über 22 Millionen Einwohner*innen.
Ohne finanzielle Sicherheit und ohne eine gute Ausbildung bleibt vielen Menschen nur das Ansiedeln in einem Slum, in Brasilien Favela genannt. In diesen ungeplanten Vierteln gibt es keine Regulierung des Grundeigentums; sie liegen an den Rändern der Großstädte. Die Lebensbedingungen sind prekär. Oft mangelt es an Sanitäranlagen, Kanalisation, Wasser, Strom. In den kleinen Wohnungen leben oft drei Generationen auf engstem Raum. Da der Staat kaum präsent ist, wird "Ordnung" hier oft von kriminellen Banden und Drogenkartellen aufgezwungen - auch mit Waffengewalt. In einer Favela leben zu müssen, festigt einen Teufelskreis aus Armut, Krankheit, schlechter Ausbildung, prekären Arbeitsverhältnissen, Hoffnungslosigkeit und Kriminalität.
Seit 1979 arbeitet der Verein Associação Comunitária Monte Azul (ACMA) in den Favelas von São Paulo. Heute (alle Bestandszahlen beziehen sich auf das Jahr 2023) erreicht der Verein Tausende von Familien in den Favelas Monte Azul und Horizonte Azul.
Seit 1979 arbeitet der Verein Associação Comunitária Monte Azul (ACMA) mit Menschen, die in den Favelas von São Paulo leben. Heute werden Tausende von Familien in den Favelas Monte Azul und Horizonte Azul erreicht. Grundlage für die vielseitigen sozialen, pädagogischen, kulturellen und Gesundheitsprogramme sind Anthroposophie und Waldorfpädagogik. Im Fokus stehen die Wertschätzung jeden Individuums und seine ganzheitliche Entwicklung – unter Berücksichtigung geistiger, körperlicher, spiritueller und künstlerischer Dimensionen – sowie die Ermöglichung von aktiver Teilhabe an der Gestaltung der Gemeinschaft. In den vielseitigen Programmen sind neben 266 festen Mitarbeitenden über 80 inländische und ausländische freiwillige Helfer*innen tätig. Zudem sind 1787 Mitarbeitende für die Umsetzung des staatlichen Gesundheitsprogramms "Estratégia Saúde da Família" zuständig.
Gemeinsam mit Bewohner*innen der Favela Monte Azul gründete die Waldorfpädagogin Ute Craemer 1979 den Verein Associação Comunitária Monte Azul (ACMA). Ihr Ziel war, die Lebensbedingungen nachhaltig zu verbessern. Die Spielnachmittage für die Kinder aus der Favela, die Ute Craemer organisierte, erfreuten sich immer größeren Zulaufs. Schnell schlossen sich ihrer Initiative weitere Menschen an, die sich mit ihren Fähigkeiten und Ideen einbrachten und für Kinder, Jugendliche und ihre Familien Angebote machten, etwa im Bereich der Kunstvermittlung, des Theaters, des Tischlerhandwerks, der Geburtsvorbereitung oder der medizinischen Heilkunde.
Einrichtungen und Programme in der Favela Monte Azul
In Monte Azul begann die Tätigkeit der Sozialarbeit der Associação Comunitária Monte Azul. Hier befinden sich die pädagogischen Einrichtungen für Jugendliche und Erwachsene für die Begleitung zur Integration in die Arbeitswelt, das Ambulatorium, die Musikschule, das Geburtshaus, die sozialpädagogischen Werkstätten und das Kulturzentrum.
An den Nachmittagen können Kinder im Alter von sechs bis 14 Jahren im Programm Nossa Ciranda (Unser Reigen) in den Gebäuden und auf dem weiten Außengelände der Schule spielen. Pädagog*innen von ACMA bieten künstlerische, handwerkliche und sportliche Freizeitaktivitäten für 210 Kinder an.
Das Projekt Caminando juntos (Gemeinsam gehen) bietet rund 100 Jugendlichen und Erwachsenen mit kognitiven und körperlichen Behinderungen Betreuung und Unterstützung. So lernen sie in Kunsthandwerkstätten Gegenstände für den Alltag herzustellen und erwerben neue lebenspraktische Fähigkeiten. Die Angehörigen der Jugendlichen finden in diesem Projekt einen Ort, an dem sie durch psychosoziale Beratung Orientierungs-, Planungs- und Bewältigungshilfen erhalten.
Mithilfe des Programmes Tecendo o Futuro (Die Zukunft weben) werden 204 Jugendliche und Erwachsene in ihrem Berufsfindungsprozess begleitet. Sie können sich in unterschiedlichen praktischen Fähigkeiten erproben und Kurse in den Bereichen Schreinerei, Informatik und Verwaltung belegen.
Das Kulturzentrum Monte Azul im Herzen der gleichnamigen Gemeinde im Süden São Paulos geht über die einfache Definition eines Kulturzentrums hinaus. Es wurde 1991 von der Associação Comunitária Monte Azul gegründet und hat sich zu einer Oase entwickelt, die das Leben von Tausenden von Menschen durch ein breites Spektrum an Aktivitäten und Workshops bereichert. Neben den sozialen und künstlerischen Aktivitäten bietet das Zentrum auch Raum für andere Programme der Favela Monte Azul, wie Nossa Ciranda und Caminhando Juntos.
Notwendige Renovierungsmaßnahmen
Obwohl das Kulturzentrum Monte Azul eine wichtige Rolle in der Gemeinde spielt, befindet es sich in einem kritischen Zustand. Die Gemeinschaftsräume und Toiletten müssen dringend renoviert werden, um die Sicherheit und Hygiene der Besucher und Nutzer zu gewährleisten. Die fehlende Zugänglichkeit erschwert die Teilnahmen von Menschen mit Behinderungen oder eingeschränkter Mobilität an den transformativen Aktivitäten und schließt sie aus. Wir streben eine Verlängerung der Verträge mit der Stadtverwaltung von São Paulo an. Nur mit diesen Verträgen können wir wichtige Programme weiterführen, die ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens im Zentrum sind. Ohne die notwendigen Renovierungsarbeiten ist die Verlängerung der Verträge gefährdet, was die Kontinuität der Aktivitäten und die Zukunft des Zentrums in Frage stellt.
Sollte ACMA die Bedingungen für die Verlängerung nicht erfüllen, droht die Schließung des Kulturzentrums und der damit verbundenen Hilfsprogramme.
Es fehlen rund 25.000 Euro.