Landrechte in Indien: Millionen warten auf Gerechtigkeit
18.12.2025
Ramesh Sharma, Nationaler Koordinator Ekta Parishad*
Land ist in Indien weit mehr als Besitz – es ist Lebensgrundlage, Identität und Voraussetzung für Menschenrechte. Dennoch bleiben die verfassungsmäßigen Schutzmechanismen für Land- und Eigentumsrechte in der Praxis oft wirkungslos.
Schätzungen der indischen Regierung zufolge sind 53,7 Millionen Menschen in Indien landlos. Gleichzeitig waren Anfang 2025 rund 51,9 Millionen Verfahren zu Land- und Eigentumsrechten vor indischen Gerichten anhängig. Viele Betroffene warten seit Jahrzehnten auf Entscheidungen. Besonders betroffen sind Menschen, deren Leben von Wasser, Wäldern und Land abhängt – für sie bedeutet der Verlust von Land häufig auch den Verlust grundlegender Rechte und Existenzsicherheit.
Die Zahlen verdeutlichen die strukturelle Krise des Justizsystems: Weniger als ein Prozent der Landrechtsfälle liegen beim Obersten Gerichtshof, 87 Prozent werden von überlasteten Bezirks- und Untergerichten bearbeitet. Trotz staatlicher Programme zur Beschleunigung der Verfahren bleiben Transparenz und messbare Fortschritte bislang aus.
Die Folgen treffen vor allem arme und marginalisierte Bevölkerungsgruppen. Ein Bericht der NITI Aayog geht davon aus, dass es bei der aktuellen Bearbeitungsgeschwindigkeit über 300 Jahre dauern würde, alle anhängigen Fälle abzuschließen. Auch international zeigt sich das Ausmaß des Problems: Im World Justice Report 2025 rangiert Indien bei zeitnaher und qualitativ hochwertiger Rechtsprechung weit hinten.
Der Artikel verdeutlicht, dass es sich hierbei nicht nur um ein administratives Versagen handelt. Er zeigt, wie Legislative, Exekutive und Judikative gleichermaßen dazu beitragen, dass Landrechte – oft als Grundlage aller Menschenrechte bezeichnet – für Millionen Menschen unerreichbar bleiben, und warum dezentrale und menschennahe Lösungsansätze dringend notwendig sind.
Der Schutz von Landrechten ist damit nicht nur eine juristische, sondern auch eine moralische und politische Verpflichtung.
Förderung von Ekta Parishad
Ekta Parishad unterstützt den Aus- und Aufbau selbstorganisierter Kooperativen im ländlichen Indien. Mitglieder bündeln dort ihr Kapital, ihr Wissen und ihr traditionelles Handwerk und entscheiden gemeinsam über Produktion, Weiterverarbeitung und Vermarktung. Ein besonderer Fokus liegt auf Frauenkooperativen, die nachhaltige Einkommen schaffen, lokales Wissen bewahren und gemeinschaftliche Ressourcen verantwortungsvoll nutzen.
Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie Schulungen, die Begleitung bis zur Marktreife und den Aufbau weiterer Kooperativen – für faire Einkommensperspektiven und wirtschaftliche Selbstbestimmung.
Mehr Informationen finden Sie hier sowie im Blog der GLS Bank.
Ekta Parishad bedeutet "Solidarischer Bund" und ist eine der größten Volksbewegungen für Landrechte in Indien, die sich seit ihrer Gründung 1989 auf die Prinzipien der Gewaltlosigkeit von Gandhi bezieht. Sie setzt auf Dialog und konstruktive Wege zum Aufbau einer friedlichen und gerechten Gesellschaft.
Aktuell hat Ekta Parishad 250.000 aktive Mitglieder und arbeitet in 12.000 Dörfern und 14 Bundesstaaten Indiens.
Die wichtigsten Erfolge der Organisation sind die Sicherung von Landrechten für fast 500.000 Familien, der Schutz von Wäldern und Gewässern und die Ausarbeitung mehrerer Gesetze im Zusammenhang mit Landreformen in Indien. Für das Ziel nachhaltiger sozialer, ökonomischer und ökologischer Einkommensperspektiven der ländlichen Bevölkerung sieht Ekta Parishad den Aufbau von Kooperativen als entscheidend an.
Die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung kooperiert mit Ekta Parishad seit 2017.
Der Gründer von Ekta Parishad, Rajagopal Puthan Veetil, auch als Raja Ji bekannt, ist ein überzeugte Gandhianer, der sein Leben seit mehr als 50 Jahren dem gewaltfreien Aktivismus widmet. Er leitete mehrere Fußmärsche in verschiedenen Bundesstaaten Indiens, die zur Landverteilung an Tausende von Land- und Obdachlosen führten. Raja Ji war Mentor tausender Aktivist*innen in Indien und inspiriert bis heute unzählige Menschen weltweit.