Ein Lebenswerk: Wie Dorothea Offermanns aus Altgold Lebensgrundlagen in Peru werden ließ
04.11.2025
Seit 1992 sammelt Dorothea Offermanns Altgold und Modeschmuck unter dem Titel „Altgold zurück nach Peru“. Übers Sammeln, Einschmelzen und Verkaufen hat sie bis heute rund 428.000 Euro erzielt, die sie der GLS Zukunftsstiftung Entwicklung für Projektpartner in Peru zur Verfügung stellte.
Daraus entstanden Gemeindeküchen in Slumgebieten, Wasserinfrastruktur und Schulungen im organischen Landbau für Bergbauerngemeinden, Therapien für Kinder mit Behinderungen und vieles mehr. Nun, mit 97 Jahren, möchte sie ihr Lebenswerk in neue Hände legen. Zeit für uns, ihr aus vollem Herzen zu danken und ihr zuzuhören.
Frau Offermanns, mehr als dreißig Jahre lang haben Sie für unsere Projektpartner in Peru Altgold und Modeschmuck gesammelt. Wie kam es dazu?
Ich war Lehrerin für Deutsch und Musik am staatlichen Gymnasium und wurde pensioniert. Ich hatte also Zeit.
„Gold zurück nach Peru: Das fand ich einen tollen Slogan. Schließlich haben die Europäer Peru damals das ganze Gold geklaut.“
Dann habe ich irgendwo die Schlagzeile gelesen „Gold zurück nach Peru“. Ich dachte, das ist eigentlich ein toller Slogan. Schließlich haben die Europäer Peru damals das ganze Gold geklaut. Als Mitglied der GLS Bank habe ich auf einer Jubiläumsveranstaltung die GLS Zukunftsstiftung Entwicklung kennengelernt. Als ich dem damaligen Stiftungsvorstand Walter Burkart von meiner Idee erzählte, Altgold für die Projekte der Stiftung in Peru zu sammeln und zu verkaufen, sagte er „Ja, das wäre prima“. Also legte ich los.
Sie haben für die Projekte, die sie all die Jahre unterstützt haben, ein Stück weit gelebt: Sie haben sich mit vollem Herzen für sie eingesetzt und ihre Entwicklungen im engen Austausch mit unserer Vorständin Dr. Annette Massmann aufmerksam begleitet. Was war dabei Ihr innerer Antrieb?
Ob es die Bergbauerngemeinden in den Hochanden sind oder die Gemeindeküchen in den Slums von Peru: Dass da Menschen durch eigenes Handeln in eine würdevolle Selbstständigkeit kommen, hat mich immer bewegt. Ich finde es sehr wichtig, dass die Menschen mit ihren eigenen Ideen und der Unterstützung, die sie dafür brauchen, den Weg aus der Armut selbst gehen. Ein schönes Beispiel fand ich die Idee der Bergbauerngemeinden, Alt und Jung zusammenzubringen.
„Uraltes Wissen darüber, wie man Wasserreservoirs anlegt, war verloren gegangen. Jetzt ermöglicht es würdevolles Leben – das begeistert mich.“
So wollten sie das Wissen früherer Generationen wiederbeleben. Da ging es zum Beispiel um uraltes Wissen darüber, wie man Wasserreservoirs anlegt. Das war verloren gegangen. Jetzt ist es eine wichtige Grundlage für würdevolles Leben. Das begeistert mich. So wie die Fotos, die Frau Dr. Massmann mir von der ersten Ernte eines Schulgartens weitergeleitet hat. In dem lernen die Kinder organischen Landbau – und die Eltern gleich mit. Oder wenn ich höre, dass die Kinder nun immer ein anständiges Mittagessen haben. Mir macht es einfach Spaß, das, was ich für die Projekte machen kann, zu machen. Aktiv sein für das, was mich begeistert: Das war für mich schon immer ganz normal. Es gehört zu meinem Lebensstil.
Was ist Ihnen in all den Jahren, die Sie Altgold und Schmuck für unsere Projekte gesammelt haben, so untergekommen?
Gerade bereite ich mich auf den allerletzten Basar vor: Material für 150 Ketten haben die Menschen mir seit dem letzten Aufruf im Projektspiegel Ihrer Stiftung zugeschickt. Immer, wenn der Aufruf in Ihrem Heft erscheint, kommen wieder drei, vier, fünf Päckchen – manchmal abstruse Sachen, manchmal tolle Sachen. Kaputtes Kinderspielzeug aus wunderschönem Holz war schon dabei. Da habe ich dann liebe Leute in meinem Netzwerk, die mir das wieder zusammenkleben. Oder Schmuck aus dem 19. Jahrhundert, von dem kein Mensch weiß, was genau es eigentlich sein soll. Verkauft bekomme ich ihn trotzdem immer.
Wie verkaufen Sie diese ganzen Sachen?
Ich gehe damit zum Basar, den die Waldorfschule hier bei uns veranstaltet. Da verkaufe ich immer gut, um die 1500 Euro kommen pro Veranstaltung zusammen. Aber auch unter der Hand werde ich die Sachen gut los, etwa an private Kontakte.
„Nichts von dem, was die Menschen mir zusenden, kommt weg. Was sich nicht verkaufen lässt, geht an die Menschen in der Ukraine weiter.“
Oder ich verschenke sie an einen Secondhandladen hier in Freiburg, das S’Einlädele. Was dort nicht zur Unterstützung der Ukraine verkauft wird, geht als solches an die Ukraine weiter. Es kommt also nichts weg von dem, was die Menschen mir zusenden.
Was durch Sie für Peru in all den Jahren bei uns angekommen ist, geht mit 428.000 Euro schon in Richtung halbe Million. Wie viel Arbeit steckt dahinter?
Für mich ist das keine Arbeit. Es macht mir einfach Spaß: Schmuck machen, wie ich es nenne, also das Prüfen, Sortieren und für den Verkauf in Schuss bringen – aus nichts etwas machen: Das ist für mich Erholung. Wieviel Zeit ich damit verbringe, ist immer ganz unterschiedlich.
„Schmuck sortieren, kleine Reparaturen selbst machen – für mich ist das Erholung.“
Mal mache ich ein paar Wochen lang nichts. Dann, wenn ein Basar ansteht, sind es vielleicht vier bis fünf Stunden am Tag. Schmuck und die anderen Dinge sortieren, schauen, was gut zusammenpasst, und die Sachen so zusammenstellen, dass ich sie am Stand ansprechend ausstellen kann. Auch kleine Reparaturen, die ich selbst machen kann, gehören dazu. Aber für den Transport, für den Auf- und Abbau und für Hilfe beim Verkauf habe ich mein persönliches Netzwerk.
Welche Tipps möchten Sie den Menschen mitgeben, bei denen wertvolle Schätze schlummern: Was davon können sie Ihnen oder ab dem Frühjahr Ihrer Nachfolge schicken und wie?
Am besten ist, die Menschen rufen mich an. Jede Form von Gold ist tatsächlich unglaublich viel wert: für ein Gramm bekomme ich aktuell mehr als 100 Euro! Für Zahngold etwa, das ich genauso wie Silberbesteck und vieles andere einschmelzen lasse. Schmuck, Altgold und -silber können die Menschen an meine Adresse schicken. Gut wäre auch, dass die Menschen mir dabei ihre Telefonnummer mitschicken. Ich bedanke mich nämlich bei allen, wodurch schon viele schöne Kontakte entstanden sind. Und wenn ich mich per Telefon bedanken kann, geht kein Geld für Portokosten verloren, das besser nach Peru ginge.