Wie erkennen Lehrer*innen Traumata? Wie lernen sie, damit umzugehen?
In Uganda konnten 15 Millionen Kinder mindestens sieben Monate lang nicht in die Schule gehen. Viele von ihnen erlebten die Verunsicherung der Eltern, mangelndes Einkommen, einige erfuhren Hunger oder Übergriffe und Gewalt. Viele der Kinder, die nach den langen Schulschließungen zurück kommen, sind traumatisiert. Die Lehrer*innen unserer sieben Partnerschulen und zwei Ausbildungszentren möchten lernen, damit besser umzugehen.
Violah Nakkazi ist Lehrerin an der Nambeeta Schule in Zentraluganda. Sie nahm die Weiterbildungsinitiative in die Hand und berichtet: "Das vergangene Jahr hat Lehrer*innen und Kindern viel abverlangt. Sieben Monate war die Schule komplett geschlossen, im November 2020 kamen die ersten Kinder der Abschlussklassen zurück. Manche haben wir länger als ein Jahr nicht gesehen." Zwar wurde an allen Schulen versucht, so gut wie möglich den Kontakt zu halten. Dies gelang jedoch nur bei den Kindern, die in der Nachbarschaft leben, denn viel Bewegungsspielraum hatten die Lehrer*innen nicht.
Violah Nakkazi und ihre Kolleg*innen nehmen die Kinder verändert wahr: "Manche Kinder sind sehr schlecht ernährt, wirken mitgenommen, haben wenig Motivation für den Unterricht. In allen Schulen wiegt schwer, wie viele der älteren Mädchen in der Lockdown-Zeit schwanger geworden sind – oder wegen einer Geburt die Schule abgebrochen haben."
Die Kinder und Jugendlichen unserer Partnerschulen und Ausbildungszentren leben schon in normalen Zeiten in prekären Verhältnissen. Ihre Familien sind arm, oftmals sind Eltern an HIV/Aids erkrankt oder daran verstorben, viele Kinder werden von Großeltern oder älteren Geschwistern aufgezogen. Auch Gewalt und Missbrauch sind weit verbreitet.
Kinder im Lockdown oft ohne Hilfe
Die nationale ugandische Hotline für Kinder in Notsituationen verzeichnete schon in den ersten Wochen der Pandemie eine Verzehnfachung der Meldungen von Gewalt gegen Kinder. Zugang zu dieser Hotline haben dabei vor allem Kinder aus städtischen Gebieten. Viele Kinder wurden in informelle Arbeit gezwungen, um sich und ihre Familien zu ernähren. Mädchen wurden früh verheiratet, weil ihre Familien sich nicht mehr im Stande sahen, für sie zu sorgen. Die meisten von ihnen kehrten nicht an die Schulen zurück. Auch Prostitution war für Jungen und Mädchen ein Weg zum Überleben. Die COVID-19-Pandemie fördert, dass Kinder und Jugendliche mit HIV infiziert werden. Eine HIV-Infektion erhöht das Risiko für einen schweren oder sogar tödlichen Verlauf einer COVID-19-Erkrankung.
Aktive Lehrer*innen
Dieser Situation wollen Violah Nakkazi und ihre Kolleg*innen aktiv begegnen: "Wir fragen uns, wie wir diesen Kindern am besten helfen können. Es reicht nicht, den verpassten Stoff mit ihnen aufzuholen. Wir müssen ihnen helfen, mit dem Erlebten umzugehen." Die Ausbildung in Waldorfpädagogik, die die meisten Mitglieder der Kollegien an den Partnerschulen absolviert haben, bildet eine Basis. Doch in den schwereren Fällen fühlen sich die Lehrer*innen überfordert. Deshalb möchten sie sich gemeinsam weiterbilden und einen Plan entwickeln, wie sie zukünftig verstärkt auch präventiv tätig werden können. Dabei möchten sie die Eltern und Vertreter*innen der Gemeinden einbeziehen. Aus dem ersten Workshop heraus soll ein Umsetzungsplan für alle Schulen entwickelt werden. Violah Nakkazi: "Im besten Fall werden die Schulen zum Schutzraum. Hier sind die Kinder sicher, erhalten eine warme Mahlzeit, können sich ihren Freund*innen und Lehrer*innen anvertrauen. Die Lehrer*innen können sich kümmern und einschreiten."
Für 50 teilnehmende Lehrer*innen aus allen sieben Partnerschulen und zwei Berufsbildungszentren sind für Anreise, Unterkunft und Verpflegung
pro Workshop insgesamt rund 3.060 Euro notwendig.